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Produktionen

Performatives Gusto Gräser Kinder-Archiv

Künstler, Dichter, Tänzer, Bohemien, Fahrender Vagabund, Naturverehrer, Pazifist sowie Mitbegründer der Künstler*innenkommune Monte Verità in den Schweizer Alpen – Gusto Gräser (1879- 1958) verbrachte wichtige Abschnitte seines Lebens in München. So lebte er die letzten sechzehn Jahre seines Lebens im Stadtteil Freimann und schuf dort ein umfangreiches Werk. Für den Fahrenden Raum ist er Pate des Performativen Gusto Gräser Kinder-Archivs, in dem Kinder und Jugendliche mit Künstler*innen vor Ort seine Schriften performativ befragen und neu interpretieren.

 

In seinen Schriften, Reden und Tänzen, selbst-vertriebenen Kunstkarten, Gedichten, Zeichnungen und Textbildern, die in ihrer Wortdichte die politischen und alltäglichen Verhältnisse seiner Zeit poetisch – aber doch scharfsinnig – beleuchten, widmete er sich in seiner Münchner Zeit all den „Armutigen und Klugverlogenen, der „Thorheiterkeit“ gegen eine „Zuvielisation“, denn so Gräser: „Üppigkeit und Übel stecken in einem Kübel“! In seiner Lebensweise war er ein Fahrender und lehnte jegliche Form von Staatsbürgerschaft und staatlicher Zuschreibung und Zwang, aber auch materiellem Besitz ab und strebte zu einem naturnahen Leben, nicht zuletzt in der Gartenstadt Freimann. Als artist`s artist bilden seine Arbeiten zugleich wichtige Zeitzeugnisse, nicht nur im Lichte der Schwabinger Boheme und dem künstlerischen, politischen Treiben rund um die Münchner Räterepublik, sondern auch im Echo anderer Künstler*innen und Schreiber*innen seiner Zeit: So lässt ihn z.B. Hermann Hesse in seinem Roman «Demian» auftreten, oder auch Ernst Moritz Engert in seinen Schattenrissen.

Das Performative Gusto Gräser Kinder-Archiv ist ein laufendes Programm des Fahrenden Raums. Vor dem Hintergrund des Aktionsraums und seiner performativen, künstlerischen Mittel, möchte es eine zeitgenössische Befragung und lebendige Besprechung, sowie Forschung von Gusto Gräsers Werk und Person ermöglichen: In Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus dem Stadtteil Freimann – dem Münchner Stadtteil in dem sich Gräser für die letzten 16 Jahre seines Lebens niederließ – und mit dazu wechselnd eingeladenen Künstler*innen, sollen Kleinpublikationen, Performances, Lesungen, Vorträge und Eigenproduktionen entstehen.

Lange vor dem heute ausformulierten Gedanken von Self-Publishing – Drucksachen in Eigenproduktion als eigene Räume künstlerisch zu bespielen und selbst zu distribuieren – hat Gusto Gräser seine Dichtungen und Sinnsprüche in Form von grafisch selbst-gestalteten Druckwerken, Flugschriften und Kunstkarten en passant verteilt und wiedergegeben. In Erinnerung findet man Gräser noch auf Bäumen sitzend in Freimann, seine im Lithographieverfahren gedruckten Flugschriften, u.a. zur Rolle des Obrigkeitsstaats, verlesend.

In Anlehnung an Gräsers „Bucheckernschrift“, die jedoch nie als Satzschrift angefertigt wurde, produziert Der Fahrende Raum einen eigenen Satz dieser Gräser`schen Ausdrucksschrift als Handstempel und Spielskulptur.

2017 waren die Künstler Camillo Grewe (Düsseldorf) und Martin Haufe (Leipzig) eingeladen. 2018 waren Jonas Beutlhauser, Elena Carr,  Brigitte Fingerle-Trischler, Stephan Janitzky und Laura Ziegler eingeladen.Das Performative Gusto Gräser Kinder-Archiv folgt einem künstlerisch-kuratorischem Konzept von Maximiliane Baumgartner.

In Kooperation mit dem Mohr-Villa Stadtteilarchiv Freimann

Abbildungen:

Ausschnitt Flugschrift von Gusto Gräser, (lies Gusto Gräser unter anderem vom Münchner Rathausturm fliegen) Mohr-Villa Stadtteilarchiv Freimann, Foto: DER FAHRENDE RAUM

Entwurfsbogen zu den Bucheckern, einer eigens von Gusto Gräser entworfenen Druckschrift

Performatives Gusto Gräser Kinder-Archiv, unterwegs 2017 (DER FAHRENDE RAUM)